Bauen und WohnenFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Schilfrohr

Schilf oder Reet ist ein traditioneller, seit Jahrtausenden vor allem an den Küsten bekannter Baustoff, die Verwendung ist schon seit der Jungsteinzeit belegt. Die Ernte wird traditionell im Winter auf gefrorenen Eisflächen durchgeführt. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass die Tier- und Pflanzenwelt der großen Schilfgürtel-Ökosysteme möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Schilf wird oder wurde hauptsächlich als Dachdeckung verwendet. Breite Verwendung hat Schilf auch im Binnenland als Putzträger gefunden. Durch die Renaissance des Lehmbaus hat auch dieser Baustoff wieder deutlich an Bedeutung gewonnen. Schilf ist im Vergleich zu anderen Naturfasern wesentlich härter. Da es auch unter ständiger Wassereinwirkung so gut wie gar nicht verrottet, ist es gut als Dachdeckung geeignet.

Schilffeld

Schilffeld

Herstellung und Zusammensetzung

Zur Herstellung von Schilfrohrplatten werden lange, kräftige Schilfrohre (Herkunft Türkei, Ungarn, u. a.) verwendet, da diese wegen der großen Luftkammern im Rohr besonders gute Dämmeigenschaften aufweisen.

Die parallel verpressten Halme werden durch verzinkte bzw. Edelstahl-Drähte zusammengehalten. Dickere Schilfrohrmatten sind bruchsicher, aber in Parallelrichtung der Halme formbar und somit auch für runde Bauteile geeignet. Bei der Herstellung werden keine weiteren Zusatzstoffe eingesetzt. Das Produkt kann daher sortenrein wieder- oder weiterverwendet und natürlich auch recycelt werden. Trotz der Transportwege aus den Herkunftsgebieten hat Schilf durch die einfache Verarbeitung einen sehr niedrigen Primärenergiebedarf und ist ein effektiver CO2-Speicher.

 

Anwendungsgebiete und Verarbeitung

Schilfrohrmatten oder Platten werden als dämmende Putzträger eingesetzt. Die Platten oder Matten werden mechanisch mit Dübeln an der Wand bzw. an der Dachschräge befestigt. Es ist auch möglich, die Platten in Rahmenkonstruktionen einzupassen. Anschließend werden die Platten mit entsprechend geeigneten Putzen versehen, vor allem Lehmputzen, die die physikalischen Eigenschaften des Schilfes optimal ergänzen. Im Dachbereich werden nach alter Tradition die Reetdächer gedeckt. In Deutschland muss ein Reetdach jedoch mit einer Hinterlüftung (in der Regel 6 cm) ausgeführt werden. Reetbedachungen können zu Dämmzwecken daher nicht angerechnet werden. Schilfbauplatten unterliegen als Naturbaustoff teilweise Ernteschwankungen und haben als Dämmstoff keine bauaufsichtliche Zulassungsnummer. Bei erhöhten Brandschutzanforderungen, bei der Kerndämmung von zweischaligem Mauerwerk und im Perimeterbereich ist Schilf nicht geeignet.

 

Bauphysikalische Eigenschaften

Bei Einsatz von Schilf als Putzträger wird je nach Putzmaterial und -dicke die Brandschutzklasse B2 oder B1 erreicht. Schilf ist weitestgehend resistent gegen Feuchtigkeit, was vor allem in Küstenregionen von Vorteil ist. Durch das hohe Raumgewicht bei gleichzeitig hohem Luftgehalt wirkt Schilf wärme- und feuchteausgleichend, was im Sommer zu sehr gutem Innenraumklima führt. Schilf ist wärme- und schalldämmend, hat eine hohe Wärmespeicherkapazität (1.300 J/kgK) und deshalb einen hohen sommerlichen Wärmeschutz. Weiterhin ist es bruchsicher, quillt und schwindet nicht.

 

Hersteller

Hersteller und Produkte finden Sie in der aktuellen Marktübersicht Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und in unserer Datenbank.

 

Technische Daten

Schilfplatten:

  • Wärmeleitfähigkeit λ [W/mK): 0,055-0,065
  • Diffusionswiderstandszahl μ: 3-6,5
  • spezifische Wärmekapazität c [J/kgK]: 1.200
  • Rohdichte ρ [kg/m3]: 150

(auf Angaben der Hersteller beruhend)